Kartoffel des Jahres 2017: „Weinberger Schloßkipfler“

Vielseitig, gelb, wohlschmeckend, aber vom Aussterben bedroht:
„Weinberger Schloßkipfler“ ist „Kartoffel des Jahres“ 2017. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer gab auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin den Namen der Siegersorte bekannt.

„Weinberger Schloßkipfler“ ist eine alte Sorte. Sie wurde Ende der
1950er-Jahre in Österreich gezüchtet und 1962 beim Sortenamt
angemeldet. Aber schon sieben Jahre später verschwand sie wieder von
der Liste und damit vom Markt. Das Aus kam schnell, weil neue
Züchtungen ertragreicher waren und damit besser geeignet für den
Erwerbsanbau. Und hörnchenförmige Kartoffeln – Kipfler ist ein
süddeutscher Ausdruck für Hörnchen – haben sich im breiten Markt nicht
durchsetzen können.

Die Kartoffel hat einen hervorragenden Geschmack, ist festkochend,
gelb und in der Küche universell einsetzbar, für Salzkartoffeln
genauso wie für Kartoffelsalat oder Kartoffelklöße. „Sie entspricht
damit auch heute noch dem Ideal einer guten, vielseitigen
Speisekartoffel“, sagt Wilfried Stegmann von der „Arbeitsgemeinschaft
Kartoffel des Jahres“, die diese Auszeichnung zum zwölften Mal vergibt.

Aber die Kartoffelsorten in Deutschland nehmen stetig ab. Heute sind
noch 150 Speisekartoffelsorten zugelassen. „Im
Lebensmitteleinzelhandel sind höchstens noch zehn Kartoffelsorten zu
finden“, sagt Stegmann. „Jede Kartoffelsorte hat einen eigenen,
unverwechselbaren Geschmack. Schon aus diesem Grund lohnt es sich,
alte Kartoffelsorten zu erhalten.“

Alte Kartoffelsorten werden nur noch von Spezialisten und einigen
Vereinen erhalten und über das Internet oder auf Wochenmärkten
verkauft. Die meisten der rund 40 deutschen
Kartoffel-Erhaltungszüchter sind Biobetriebe.

„Ökolandbau ist Vielfalt“, sagt Carolin Grieshop, Geschäftsführerin des
Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen (KÖN). Das KÖN ist Mitglied
in der Arbeitsgemeinschaft Kartoffel des Jahres. „Die Vielfalt zeigt
sich im Geschmack und auch in der guten Anpassung regionaler Sorten an
die jeweiligen Boden- und Wachstumsbedingungen. Diese Vielfalt darf
nicht verloren gehen. Deshalb setzt sich der Ökolandbau für den Erhalt
alter Pflanzensorten ein.“

„Weinberger Schloßkipfler“ ist zum Beispiel von folgenden
Erhaltungszüchtern und Händlern für den Privatgebrauch in geringen
Mengen zu beziehen:

Kartoffel Müller, Hauptstr. 58, 89278 Nersingen-Straß, Telefon:
07308-924 33 71, info@kartoffel-mueller.de, www.kartoffel-mueller.de

Tartuffli Naturwaren e.K., Ammerseestraße 1a, 86940 Schwifting,
Telefon 08191-9854226, info@erlesene-kartoffeln.de,
www.erlesene-kartoffeln.de

Wer hat gewählt?
Die „Kartoffel des Jahres“ wird gewählt von Vertretern des Arbeitskreises „Kartoffel des
Jahres“. Dem Arbeitskreis gehören zehn Organisationen, Vereine und Unternehmen an.

  1. Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Georg Janßen, Geschäftsführer
  2. Bioland e.V., Jan Plagge, Präsident
  3. Biolandhof Ellenberg, Karsten Ellenberg, Landwirt und Kartoffelzüchter
  4. Freilichtmuseum am Kiekeberg, Prof. Dr. Rolf Wiese, Museumsleiter
  5. Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH (KÖN), Carolin Grieshop,
    Geschäftsführerin
  6. Slow Food, Walter Kress, Conviviumsleitung Heilbronner Land
  7. „Tartufflis erlesene Kartoffeln“, Peter Glandien, Kartoffelhändler
  8. Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg (VERN),
    Rudolf Vögel
  9. Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN), Dr. Heidi Lorey
  10. www.blaue-kartoffeln.de, Wilfried Stegmann

Geschichte der „Kartoffel des Jahres“
Die Idee zur Wahl der „Kartoffel des Jahres“ stammt aus der Zeit, als die Kartoffelsorte
„Linda“ bundesweit auf die negativen Folgen der Zulassungsbestimmungen aufmerksam
machte. Ende 2004 hatte der damalige Sorteninhaber der „Linda“ die Zulassung
entzogen. Nach einer großen Kampagne des Freundeskreises „Rettet Linda“ wurde die
Sorte 2010 dann wieder zugelassen.

„Kartoffel des Jahres“ seit 2006

Sorte aus der Begründung für die Wahl
2006 Blauer Schwede „Kartoffeln müssen nicht immer nur gelb sein.“
2007 Linda „Weil sie gerettet werden muss…“
2008 Bamberger Hörnchen „In Feinschmeckerkreisen verehrte Sorte…“
2009 Adretta „Bedeutende DDR-Sorte, die die Wende überlebt hat…“
2010 Sieglinde „Von 1945 bis 1970 der Star am Kartoffelhimmel…“
2011 Ora „Mehlig kochende DDR-Sorte, perfekt für Püree…“
2012 Bintje „80 Jahre alte Schönheit aus Holland…“
2013 Rosa Tannenzapfen „Intensiver Geschmack und schöne Farbe…“
2014 Granola „Guter Geschmack und ungemein vielseitig verwendbar…“
2015 Heideniere „In der DDR hat sie überlebt, jetzt wurde sie wieder angemeldet…“
2016 Nicola „Wohlschmeckend, sehr beliebt im Bio-Anbau, wo sie gernangebaut wird…“